Paillard - eine erstaunliche Firmengeschichte.
English Translation will follow.
Es begann mit einem völlig verdreckten Teil,
von dem ich nicht wusste, was es war.
Ich habe es mitgenommen wegen des interessanten Kardangelenks im Bild unten rechts:
Die Firma Paillard, die auf dem Typenschild stand, war mir zwar nicht bekannt, aber ich assoziierte sie irgendwie mit der Uhrenindustrie - nicht ganz falsch wie sich später herausstellte.
Ich dachte daher, es könnte sich um einen nachrüstbaren elektrischen Aufzug für mechanische Uhren handeln.
Stattdessen stiess ich im Internet auf die Firma Bolex-Paillard, und den folgenden Aufzugsmotor für mechanische Filmkameras, aus dem just das Ende "meines" Kardangelenkes herausschaute.
Mit diesem Motor wurden um 1960 hochwertige Filmkameras von Bolex-Paillard nachgerüstet, die noch mit einem Federmotor angetrieben wurden. Um den Elektromotor an den Federaufzug ankoppeln zu können, ohne die Kamera umkonstruieren zu müssen, brauchte man eben das Kardangelenk, das einen Versatz der Wellen von Motor und Federaufzug ausgleichen konnte.
Eine 16mm Bolex wie die im folgenden Bild Gezeigte war lange Zeit der Standard für hochwertige mobile Filmaufnahmen.
In der ersten Hälfte des 20sten Jahrhunderts fand auf etlichen Gebieten der Übergang von mechanisch angetriebenen Geräten zu solchen mit autonomem elektrischem Antrieb statt.
Uhren, Fotoapparate, Filmkameras, Kinderspielzeuge und Grammophone z.B. wurden bis dahin von Federmotoren angetrieben. Die Feder musste per Hand aufgezogen werden und war als Energiespeicher sehr begrenzt. Jeder kennt aus alten Filmen das Grammophon, das plötzlich anfängt zu jaulen, bis jemand mit der Kurbel an der Seite die Feder wieder aufzieht.
Als mit der zunehmenden Elektrifizierung kleine Elektromotoren auf den Markt kamen wurden bewährte Konstruktion mitunter erst einmal beibehalten und nur durch einen Elektromotor ergänzt, der die vorhandene Feder automatisch aufzog. Auf diese Weise konnte dann immerhin kontinuierlicher Betrieb gewährleistet werden. Die von mir an anderer Stelle beschriebene Ghielmetti Zeitschaltuhr aus den 1940er Jahren ist auch so aufgebaut: Das Uhrwerk mit Federspeicher ist rein mechanisch und nur die Feder wird automatisch immer wieder elektrisch aufgezogen.
Dieser Kameramotor war zwar ein Ansatzpunkt, sah aber ganz anders aus wie mein Fundstück. Bei meiner weiteren Recherche fand ich dann aber folgendes Bild, auf dem exakt "mein" Motor abgebildet war: Es handelte sich um einen frühen Schellackplattenwechsler der Firma Paillard. Die Welle mit dem Kardangelenk trieb die Wechselmechanik an.
Daraufhin fand ich dieses Chassis auch im Radiomuseum.org.
Datiert wird es dort auf das Jahr 1944.
Kurze Zeit später fand ich zufällig ein sehr ähnliches Paillard-Gerät in ebay und habe es ersteigert. Der Antrieb bewegt sich zwar nicht mehr, aber vielleicht kann ich mein Fundstück hier als Ersatzteil verwenden.
Ich werde darüber berichten.
Die Geschichte der Firma Paillard ist lang, wechselvoll und interessant.
Im Jahr 1814 fanden sich mehrere Schweizer Uhrenhersteller unter der Leitung von M.Paillard in Ste Croix (nahe Yverdon) zu einer Exportorganisation zusammen.
Bald kamen am Standort aber auch Produktionsstätten dazu und die später als Paillard S.A. firmierende Firma entwickelte sich zu einer feinmechanischen High-Tech-Schmiede.
Man produzierte im Laufe der Zeit Rechenmaschinen, Metronome, Spieldosen, Grammophone, damals sogenannte "Sprechmaschinen" (speaking machines) mit Wachswalzen (siehe auch: Edison), Schreibmaschinen der Marke Hermes, Filmkameras und Filmprojektoren der Marke Paillard-Bolex und später auch Radios und Plattenspieler.
Insbesondere die kleine Reiseschreibmaschine "Hermes Baby" und die Bolex Filmkameras waren sensationell gut und dominierten viele Jahre weltweit den Markt.
Bolex war eine seit 1924 eingetragene Handelsmarke der Genfer Firma Bol der Herren Jacques Bogopolsky und Charles Haccius. In 1930 geriet diese Firma in Konkurs. Sie wurde von Paillard gekauft und zu einer weltbekannten Marke ausgebaut.
Die Bolex-Sparte von Paillard wurde 1969/74 an Eumig verkauft.
1981 wurde Paillard von Olivetti übernommen.
1982 kam es zu einem Management-Buyout und der Gründung der Bolex International S.A. in Yverdon, die bis heute 16mm Filmkameras produziert und Reparaturen durchführt.
1982 kam es zu einem Management-Buyout und der Gründung der Bolex International S.A. in Yverdon, die bis heute 16mm Filmkameras produziert und Reparaturen durchführt.
1989 wurde die Firma Paillard gelöscht
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